Rat diskutierte NS-Vergangenheit des Ehrenbürgers Paul Schürholz

Paul Schürholz war NSDAP-Mitglied, Bürgermeister und Ehrenbürger Dorstens (von DZ: Bertold Fehmer - 13.09.2025)


Vor rund zweieinhalb Jahren hatte „Die FRAKTION feat. Die Linke“ gefordert, Paul Schürholz die Ehrenbürger-Würde wegen dessen NS-Vergangenheit abzuerkennen. Faktisch erlischt die Ehrenbürger-Würde aber mit dem Tod - Schürholz war 1972 gestorben.

Zur Ratssitzung am 10. September 2025 hatte die Fraktion nun den Antrag gestellt, dass der Rat die 1963 erfolgte Verleihung der Ehrenbürgerwürde missbilligen solle und alle Hinweise auf Paul Schürholz als Ehrenbürger in offiziellen Publikationen löschen solle. „Wie viel Nazi muss man sein, um in Dorsten kein Ehrenbürger mehr sein zu dürfen?“, fragte Boris Benkhoff (Die PARTEI).

Zu einer Forderung des schriftlichen Antrags der Fraktion gab Bürgermeister Tobias Stockhoff aber schon vor der Antragsbegründung einen Hinweis: Laut Antrag sollte die Stadt Dorsten sich „aktiv an andere Kommunen“ wenden, „in denen Paul Schürholz im öffentlichen Raum geehrt wird (z.B. durch Straßennamen in Recklinghausen)“.

In der geschichtlichen Aufarbeitung der Biografie des Dorstener Ex-Bürgermeisters durch Josef Ulfkotte und Hans-Jochen Schräjahr, die von allen Politikern durch die Bank gelobt wurde, sei der Fraktion auf der ersten inhaltlichen Seite eine wichtige Fußnote entgangen, so Stockhoff. Dort steht, dass der Dorstener Paul Schürholz nicht mit seinem Recklinghäuser Namensvetter Prof. Paul Schürholz, Lehrer an der dortigen Oberrealschule, verwechselt werden dürfe. Nicht als Bürgermeister, sondern als Mitglied des Rates sagte Stockhoff in Richtung der Antragsteller: „Sie haben ein Stückchen Glaubwürdigkeit dadurch verloren, dass Ihnen dieser Fehler passiert ist.“ Letztlich wurde der Antrag von einer großen Mehrheit im Rat abgelehnt.

Stattdessen stimmten CDU, SPD, Grüne und FDP für ihren gemeinsamen Antrag, der bei drei Enthaltungen und zwei Gegenstimmen verabschiedet wurde. Der Rat stellt demnach fest, dass das Ehrenbürgerrecht von Schürholz mit dessen Tod erloschen ist.

Dass der damalige Rat sich 1963 bei der Verleihung der Ehrenbürgerwürde aus heutiger Sicht nicht ausreichend mit der NS-Vergangenheit von Schürholz auseinandergesetzt habe. Und dass Schürholz sich offensichtlich „niemals in der Öffentlichkeit von seinem Mitwirken im Nationalsozialismus distanziert und Schuldbewusstsein gezeigt“ habe.

Verdienste unbestritten
Allerdings stellt der Rat mit seinem Beschluss auch fest, dass die Verdienste von Schürholz in den Nachkriegsjahren unbestritten seien und „die vielen historischen und politischen Widersprüche und Brüche im Leben von Paul Schürholz sich in vielen Biografien des 20. Jahrhunderts widerspiegeln, ohne sein Verhalten in der NS-Zeit damit zu entschuldigen, zu relativieren oder gar zu entschuldigen“. Diese Feststellungen und der Abschlussbericht sollen digital auf der Homepage der Stadt veröffentlicht werden.

„Paul Schürholz war mit Sicherheit ein Opportunist“, so Holger Krajewski (CDU). Einen „Wendehals“ nannte Friedhelm Fragemann (SPD) Schürholz: „Der hat immer das gemacht, was für ihn vorteilhaft war.“ Er sprach von „offensichtlichem moralischen Versagen. Und das hätte man auch 1963 schon ein bisschen besser erkennen können.“

Krajewski: „Wenn uns die Frage heute gestellt werden würde: Würden wir die Ehrenbürgerrechte genau so vergeben? Ich denke mal, mit Sicherheit nicht.“ Dirk Groß (SPD) sagte über Schürholz: „Er hat mit den Wölfen geheult, um wirtschaftlich mitreden zu können.“

Kritik an Vorgänger-Rat
Christina Roemer (Grüne) kritisierte die Entscheidung des Rats von 1963, Paul Schürholz die Ehrenbürgerwürde zu verleihen. „Gerade dort habe man noch gewusst oder hätte wissen können, wie die Vergangenheit von Paul Schürholz aussah.“ Schürholz sei 1963 nur insoweit ein Demokrat gewesen, „als das Demokrat-Sein zu der Zeit angesagt war“. Dass sich Schürholz vom Nationalsozialisten zum Demokraten gewandelt habe, „das hat er in keinster Weise gezeigt“.

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