Seidemannsches Haus

Älteste Immobilie der Altstadt wird saniert (von DZ Michael Klein - 03.05.2024)


Das Seidemannsche Haus dürfte die älteste Immobilie der Altstadt in Dorsten sein. Der neue Besitzer will die Immobilie von 1660 sanieren und hat interessante Nutzungs-Ideen.

Die Frontseite des Hauses ist eingerüstet - das fällt vielen Dorstenern derzeit sofort ins Auge. Zum einen, weil diese Immobile in exponierter Lage direkt am Ostwall (B 224) und damit am „Eingang“ zur Innenstadt liegt. Zum anderen, weil sie zu den bekanntesten und zu den beiden ältesten (Fachwerk)-Gebäuden in der Altstadt gehört - immerhin hat das Bauwerk ebenso wie das ebenfalls mehr als 350 Jahre alte „Spikerhaus“ (An der Vehme) wie durch ein Wunder den alliierten Bombenhagel im März 1945 überlebt.

„Das Gerüst steht wegen der Dachsanierung, denn die wird unsere erste sichtbare große Aufgabe sein“, sagt Dominik Königshausen. Der 32-jährige Dorstener hat das sogenannte „Seidemannsche Haus“, das zuvor mehr und mehr zum Schandfleck verkommen war, vor anderthalb Jahren gekauft. Will es sanieren, anschließend vermieten, um das alte „Schätzchen“ mit neuem Leben zu füllen.

Weinbar oder charmantes Café im Erdgeschoss
„Ich würde es gerne zugänglich machen, damit möglichst viele Dorstener dieses historische Bau-Dokument der Stadt kennenlernen können“, sagt er. Mit einer Nutzung, die zum Charakter des Hauses passt. „Beispielsweise mit einem charmanten Café im Erdgeschoss“, schwebt Dominik Königshausen eine gastronomische Zukunft vor: „Oder mit einer urigen Weinbar.“

Der 32-Jährige ist studierter Konstruktionsingenieur, Immobilienentwickler, Bauleiter und betreibt die „Macher Akademie“, in der er mittels Internet-Blog und Youtube-Videos nicht nur eigene handwerkliche Do-it-yourself-Projekte wie den Bau eines Natursteinkamins oder die Errichtung einer Dachterrasse aus Massivholz präsentiert, sondern Interessierten die nötigen baulichen und wirtschaftlichen Strategien an die Hand gibt, um ihren Umbau-Traum vom selbst erschaffenen Zuhause oder vom Vermietungsobjekt verwirklichen zu können.
Dabei kann er trotz seiner jungen Jahre auf viel eigenen Erfahrungsschatz zurückgreifen: Er hat einen Bauernhof in Östrich für sich und seine Familie umgebaut, bietet auf diesem „Königskotten“ Planwagenfahrten und andere Aktivitäten an.

Und er hat als Miteigentümer einer ehemaligen Apotheken-Immobilie in der Dorstener Fußgängerzone dazu beigetragen, dass dort das „Barista & Uomo“-Konzept (Gastro und Mode) umgesetzt werden konnte.

Dominik Königshausen ist zum St. Ursula-Gymnasium gegangen und damit während seiner Schulzeit tagtäglich am „Seidemannschen Haus“ (benannt nach der Familie, die bis 2012 hier mehr als 200 Jahre lang gewohnt und zwischendurch sogar auch ein Lebensmittelgeschäft betrieben hatte) vorbeigekommen. „Mein direkter Vorbesitzer war ein befreundeter Handwerker, der aber nicht die nötige Zeit, Muße und Lust hatte, das Objekt wieder entsprechend herzurichten.“

Seit 1986 ist das Gebäude ein Baudenkmal
Denn das Gebäude ist seit 1986 ein Baudenkmal. Auch Dominik Königshausen hat mit einigen rechtlichen Hürden zu kämpfen, die deswegen auf ihn zugekommen sind. „Das Bauamt und die Denkmalbehörde der Stadt sind zwar sehr kooperativ“, betont er. „Aber dennoch stecke ich bis heute in der Genehmigungsphase und in den vielen Denkmalschutz-Gesprächen.“

30.000 Euro hat er bereits investiert, „und noch immer kann ich nicht richtig loslegen“, sagt er, „kein Wunder, dass manch anderer bei ähnlichen Projekten aufgibt“.

So musste beispielsweise im März dieses Jahres das Seidemannsche Haus, das mit Kappusstiege 19 und Ostwall 21 gleich zwei Adressen hat, erst noch mal wieder ganz neu in die Denkmalliste der Stadt eingetragen werden. „Das Gebäude erlitt im Winter 2021 einen schweren Sturmschaden, wodurch es auch im Inneren zu Beschädigungen kam“, so Ann-Christin Schlierkamp vom Planungsamt der Stadt (Untere Denkmalschutzbehörde). „Die aktuellen Umbaumaßnahmen ergaben ebenfalls Unklarheiten, sodass der Denkmalwert neu konkretisiert werden musste.“

Durch neue Holz-Proben, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe entnommen hatte, konnte inzwischen für einen Fachwerk-Teil des Gebäudes das Jahr 1660 als ungefähre Bauzeit bestimmt werden. Auch der Anbau von 1908 wurde als denkmalwert eingestuft, so Ann-Christin Schlierkamp, die bei der Stadt das Umbauprojekt aus denkmalpflegerischer Sicht begleitet.

„Auch später hat es sukzessive immer wieder Umgestaltungen gegeben“, sagt die städtische Architektin. „Aber nicht immer mit dem nötigen Sachverstand“, meint Eigentümer Dominik Königshausen. Er hat inzwischen Wände, Decken, Böden, Balken freilegen lassen, um die Bausubstanz begutachten zu können. Oft seien „falsche Materialien“ verwendet worden, zum Beispiel die Farbe auf dem Fachwerk oder die Verkleidung der Balken: „Da kommt die Feuchtigkeit rein und nicht wieder raus.“
Er hat Träger verstärken müssen, weil sie für die Statik nicht ausreichend waren. Es gab Balken, die einfach auseinander gebröselt sind, Wände, die vor sich hin gammelten, mit Spanplatten, Wolle und Styropor abgedichtet waren. Dazu Räume auf unterschiedlichen Ebenen oder der Holzwurm, der sich eingenistet hat: Eine Menge Herausforderungen, auch weil Wände und Böden schief seien.

„Wir wollen das alles möglichst mithilfe von alten Handwerkstraditionen wieder in Ordnung bringen“, sagt er. „Auch die Fachwerk-Optik, die auf den Anbau gepinselt wurde, soll anders gestaltet werden.“ Zudem sollen die Räume nach der Sanierung „offener“ wirken. Bleiben soll möglichst der ganz alte und 16 Quadratmeter große Gewölbekeller, der bislang nur über eine Holztreppe zu erreichen ist. „Da unten herrschen konstant elf Grad, der wäre hervorragend als Weinkeller geeignet.“

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