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Jahrbuch 2024 Beitrag: Der „Russsenfriedhof“

Begräbnisstätten sowjetischer Zwangsarbeiter (von Hans-Jochen Schräjahr - 01.01.2024)


Mit Fortschreiten des Krieges nahm die Zahl der Kriegsgefangenen, Zivil- und Zwangsarbeiter im großen Maße zu. Neben der Unterbringung und Verpflegung entstand das Problem, wo die Toten bestattet werden könnten.

Die verstorbenen polnischen Offiziere, die Ende 1940 im Lager an der Schleuse, ehemaliges SA-Lager und seit Kriegsbeginn der Wehrmacht zugehörend, untergebracht waren, fanden ihre Grabstätte, da sie katholisch waren, auf dem Dorstener Friedhof. Dort haben sie noch heute eine würdige Gedenkstätte.

Die abgestürzten englischen und amerikanischen Flieger wurden auf dem Friedhof der Gemeinde beigesetzt, in deren Nähe sich ihre Absturzstelle befand. Die Personalien der Toten gingen an den Landrat, den Wehrmachtstandortältesten in Gelsenkirchen, an die Wehrmachtsauskunftsstelle in Berlin und an die Friedhofsliste der Amtsverwaltung. War der Abgestürzte verletzt und an den Folgen im Reservelazarett (Maria Lindenhof) verstorben, erfolgte eine pathologische Untersuchung mit detaillierter Angabe der Verletzung. Die örtliche Friedhofsverwaltung hatte der Abteilung IX der Amtsverwaltung die Lage des Grabes, die Grabnummer und den Beerdigungstag anzugeben. Waren die Personalien des Toten bekannt, mussten sie auf einem vorgegebenen Vordruck eingetragen werden.

Gesonderter Friedhof für die sowjetischen Kriegsgefangenen

Am 2. Dezember 1942 benachrichtigte die Verwaltung des Mannschafts-Stammlagers VI J Zweitlager Dorsten den Bürgermeister der Ortspolizei Hervest-Dorsten, dass das hiesige Lager ab sofort mit 1000 sowjetisch russischen Kriegsgefangenen belegt werde, die für den Arbeitseinsatz bestimmt seien. Weiter heißt es in dem Schreiben: „Da mit Todesfällen zu rechnen ist, bittet die Dienststelle darum, ein Grundstück, wenn möglich in der Nähe des Lagers zur Verfügung zu stellen.“ (6750, S.1). Wenige Tage später, am 5.12. 1942 fand eine Aussprache im früheren SA-Lager statt, an der der Kommandant, zwei Ärzte der Wehrmacht und der Amtsbürgermeister Dr. Gronover teilnahmen.

Zu Beginn führte der Amtsbürgermeister aus, dass die Belegung des Lagers mit russischen Kriegsgefangenen eine widerrechtliche Benutzung des Lagers sei, mit der er so nicht ohne weiteres einverstanden sein könne. Deswegen dürfe auch nicht ohne weiteres ein Gelände für einen Russenfriedhof zur Verfügung gestellt werden, weil damit die widerrechtliche Benutzung des Lagers durch die Wehrmacht anerkannt würde. Er bestritt nicht, dass eine Möglichkeit für die Bestattung der russischen Kriegsgefangenen notwendig sei. Bis dahin waren die russischen Toten auf dem Kommunalfriedhof Hervest auf dem Teil, der für Dissidenten bestimmt war, beerdigt worden. Auf Drängen der Heeresverwaltung, die ein Gelände zur Bestattung für 2000 Toten verlangte, fand am 30.12.1942 eine Besprechung mit den Vertretern des Siedlungsverbandes Essen statt. Dr. Gronover verwies erneut auf die widerrechtliche Belegung des ehemaligen SA-Lagers. Weiter betonte er, dass ein geeignetes Gelände in der Stadt nicht zu finden sei.

Seine Begründung sah er in dem hohen Anteil an Sterbefällen der russischen Kriegsgefangenen. In den ersten zwei bis drei Wochen starben 64 Ostarbeiter (wie man sie offiziell nannte) an Entkräftung, da sie direkt von der Front die Arbeit antreten mussten. (6750, S.7). In Absprache mit der Gemeinde Hervest wurden die toten Russen auf dem dortigen Kommunalfriedhof bestattet. Grovoner betonte, dass das eine vorläufige Maßnahme sei. Für einen Friedhof in der geforderten Größenordnung konnte nur ein Gelände nördlich der Lippe in Frage kommen. Das bedeutete allerdings eine große Entfernung vom Lager. In die engere Wahl zog man einen Platz auf dem Muna Gelände, auf dem bereits Russen begraben worden waren, und ein Gelände in der Nähe des Kommunalfriedhofs in Holsterhausen. Dort war eine Untersuchung des Grundwasserspiegels nicht notwendig. Man rechnete mit einer Größenordnung von 3 bis 4 Morgen. Für diese Berechnung findet man in der Akte E 6750 unter dem Datum vom 9.1.1943 einen handgeschriebenen Notizzettel. Eine normale Friedhofsanlage für 2000 Leichen musste mindestens 5 Morgen umfassen.

Nach der Verordnung des Reichsministers des Inneren vom 27.10.1941 (a.a.S.3) waren Gemeinschaftsgräber gestattet. Ferner sollten die Leichen nicht in Särgen (größere Gräber), sondern in Öl-, Teer- oder Asphaltpapier begraben werden. Die Verordnung wies die Gemeinden an, dass der Tod durch einen Arzt, möglichst einen Wehrmachtsarzt, festgestellt werden müsse. Danach hatte die Bestattung unverzüglich zu erfolgen. Der Transport der Leichen sollte auf Wehrmachtsfahrzeugen zu erfolgen. Die möglichst niedrig zu haltenden Kosten waren vierteljährlich von den Gemeinden bei der zuständigen Wehrkreisverwaltung einzureichen.

Am 8.1.1943 teilte die Wehrwirtschaftsinspektion des Wehrkreises VI in Münster dem Direktor des Siedlungsverbandes in Essen mit, dass die Wehrkreisverwaltung sich bereit erklärt habe, ein geeignetes Friedhofsgelände zu erwerben. Da ein Holzgasgeneratorenwagen zur Verfügung gestellt wurde für den Transport der Leichen, war sowohl ein Platz auf dem Munagelände in Wulfen, wie auch ein Gelände in der Nähe des Kommunalfriedhofs in Holsterhausen in Betracht zu ziehen. In dem Schreiben wurde der Bürgermeister in Dorsten gebeten, unmittelbar mit der Wehrkreisverwaltung einen Geländeerwerb sicherzustellen.

Nachdem am 26.1.1943 eine Besprechung mit zwei Vertretern des Siedlungsverbandes und dem Stadtbaumeister vor Ort stattgefunden hatte, einigte man sich auf ein Gelände in der Nähe des Kommunalfriedhofes Holsterhausen. Zu der Lage des Friedhofs erklärte sich in einem Schreiben vom 30.1.1943 der Verbandsdirektor des Siedlungsverbandes Ruhrkohle an den Amtsbürgermeister mit dem vorgeschlagen Gelände zur Schaffung eines Russenfriedhofes einverstanden.

Dem Schreiben war ein Plan für den anzulegenden Friedhof beigefügt. Diesen Plan sandte der Amtsbürgermeister an die Wirtschaftsinspektion Wehrkreis VI in Münster mit der Bitte um Genehmigung für Verhandlungen mit dem Besitzer des Geländes. Dieser Plan ging auch an den Kommandanten das Mannschaftslagers (SA-Lager). Am 3.3.1943 erklärte sich die Wehrkreisverwaltung in einem Schreiben an den Amtsbürgermeister mit der Lage des Geländes einverstanden. Für den Ankauf des Geländes sei aber die Gemeinde zuständig, wobei sich die Wehrkreisverwaltung auf den Erlass des Reichsinnenministers vom 27.10.1941 berief. In dem Schreiben heißt es weiter, dass die Wehrmacht nur die Bestattungskosten zu übernehmen habe. Bei einer Besichtigung fand das Gelände auch die Zustimmung des zuständigen Kreisarztes.

Wegen des Erwerbs des Geländes für den von der Wehrmacht angeforderten Russenfriedhof sprachen am 22.3.1943 der Kreisausschussoberinspektor und der Amtsbaumeister mit der Besitzerin. Die weigerte sich das Gelände abzutreten, da es einer Erbengemeinschaft gehörte. Zudem habe sie genügend Opfer für das Vaterland gebracht, ihr Mann sei an den Folgen des Ersten Weltkriegs gestorben, ihr ältester Sohn im jetzigen Krieg an der Ostfront gefallen, zwei weitere Söhne stünden an der Ost- beziehungsweise Afrikafront. Auch die Schwägerin lehnte es strikt ab, das Gelände freiwillig zur Verfügung zu stellen. Am nächsten Tag besichtigten der Amtsbürgermeister und der Amtsbaumeister ein Gelände etwas südlich vom Kommunalfriedhof Holsterhausen, das dem Kaufmann C.H. Schmitz in Essen gehörte. Am 1.4.1943 erklärte sich der Grundstücksinhaber mit der Anpachtung des Geländes für die Anlage eines Friedhofs bereit. Am 4.4.1943 beurteilte der Kreismedizinalrat auch dieses Gelände für geeignet.

Die Frage, die nun anstand, war, wer für den Kauf und den Unterhalt des Friedhofs aufzukommen hatte. Die Stadt Dorsten half zwar der Wehrmacht bei der Suche nach einem Gelände für den Russenfriedhof, erklärte sich aber nicht bereit, für die Pflege und den Erwerb aufzukommen. Denn das ehemalige SA-Lager an der Schleuse, das die Stadt 1939 für die Ausbildung von Offizieren der Wehrmacht zu Verfügung gestellt hatte, so erklärte sie, habe die Wehrmacht widerrechtlich in ein Gefangenenlager oder wie es in den Quellen auch heißt, in ein Russenlazarett umgewidmet. Nach dem Erlass vom 1.12.1943 war die Gemeinde nur dann verpflichtet für den Friedhof, nicht die Bestattung der Leichen, aufzukommen, wenn es in der Gemeinde eine Wehrmachtseinrichtung gab. Die sei in Dorsten widerrechtlich geschaffen worden. Daher lehnte es die Stadt ab, weder für den Erwerb noch für die Pflege eines Friedhofs aufzukommen, zumal Dorsten gar nicht in der Lage war, einen weiteren Friedhof zu erstellen noch zu finanzieren. Sie war auch nicht in der Lage, die hohe Zahl der anfallenden Leichen auf den zivilen oder kirchlichen Friedhöfen zu bestatten. Die Stadt bestand darauf, dass für alle Kosten, nicht nur für die Bestattung der Leichen, die Wehrmacht aufzukommen habe. Mittlerweile, laut Schreiben vom 13.3.1944, waren bereits 280 Russen und eine große Anzahl von Italienern dort begraben. Die Stadt wies darauf hin, dass, falls die Wehrmacht nicht für die Kosten aufkomme, sie vom Eigentümer verklagt werde. Bis zum Ende des Krieges war weder diese Rechtslage entschieden, noch eine Anpachtung erfolgt.

Nach dem Krieg sollte sich der Streit um die Pflege des Russenfriedhofs fortsetzen.

Am 24. September 1945 teilte der von den Alliierten eingesetzte Amtsbürgermeister Desoi [desoa] dem Wulfener Bürgermeister Heinrich Schwingenheuer (wie Desoi von den Alliierten bestimmt) mit, auf Befehl des russischen Kontrolloffiziers ein Verzeichnis sämtlicher verstorbener sowjetischer Staatsangehöriger aufzustellen. Desoi rechnete ferner damit, dass von den Briten und Amerikanern ähnliche Anforderungen kommen würden. Desoi wies weiter darauf hin, dass die Geistlichen nach den Namen der auf den Friedhöfen ihrer Gemeinden bestatteten alliierten Kriegstoten befragt werden müssten.
Am 10. Oktober 1945 schloss Schwingenheuer mit dem Assistenten des britischen Verbindungsoffiziers einen Vertrag ab, der besagte, dass die Gemeinde Wulfen die Friedhöfe der Gemeinde, auf denen Sowjetbürger begraben sind, in Ordnung zu halten habe. Er wurde verpflichtet, dort ein Denkmal setzen zu lassen, mit der Aufschrift:

Hier ruhen Sowjetbürger, welche in deutscher faschistischer Gefangenschaft in der Zeit von 1941 bis 1945 gestorben sind.

Schwingenheuer unterzeichnete den Vertrag wohl gezwungener Maßen, denn schon am folgenden Tag schreibt er an Amtsverwaltung, dass die Gemeinde Wulfen für die Pflege nicht aufkommen kann und auch nicht willens ist. Der Friedhof ist von der Amtsverwaltung angelegt worden. Der Kommunalfriedhof Holsterhausen liege auf Altschermbecker Gebiet, und wie die Amtsverwaltung für diesen Friedhof aufkomme, müsse sie auch für den Russenfriedhof Sorge tragen, der auf dem äußersten Zipfel Wulfener Gebiets angelegt wurde.

Ohne Anordnung der alliierten Behörden durfte auf den Friedhöfen nichts geändert werden.

Zur vorgeschriebenen Pflege sollte auch die Umzäunung des Friedhofs gehören. Das Problem bestand aber darin, dass Ende 1945 Anfang 1946 die erforderlichen Holzmengen nicht aufzutreiben waren. Amtsdirektor Dr. Walter Banke, der von der Militärregierung ernannt, am 15.2.1946 seine Tätigkeit aufgenommen hatte, schlug eine behelfsmäßige Umzäunung vor. Im Gegensatz zu den katholischen Friedhöfen seien hier keine Kreuze notwendig. Er schlug weiter vor, dass die Gräber ähnlich wie Schulgärten gepflegt werden könnten. Schulleiter solle man beauftragen, mit den Kindern die Gräber zu pflegen. Es sei aber angebracht, vorher mit Rektor Schaefer Rücksprache zu nehmen. Schaefer, Rektor der Antoniusschule, war bekannt für die Anlage und liebevolle Pflege „seines“ Schulgartens.
Mitte Juli 1946 beschwerte sich der britische Befehlshaber bei der Amtsverwaltung über den verwahrlosten Zustand der Ausländergräber. Sie dürften sich von den anderen Gräbern nicht unterscheiden. Er drohte mit dem Militärgericht, falls keine Besserung erfolgen werde.

In der Zwischenzeit, Anfang Mai, berichteten zwei Mitglieder der KPD Holsterhausen, dass man das Ehrenmal für die sowjetischen Opfer beschädigt habe. Den Sowjetstern war von dem Denkmal abgemeißelt worden. Dieser Vorfall wurde dem Landrat gemeldet, der zunächst davon absah, eine besondere Anzeige bei der Militärregierung zu erstatten. Der Frevel schien aber an die russische Militärbehörde gelangt zu sein. Denn ein russischer Offizier wurde bei Rektor Schaefer vorstellig, der zu dem Zeitpunkt von den Alliierten eingesetzter Bürgermeister von Holsterhausen war. Das Einschreiten des russischen Militärs veranlasste nun den Landrat der Amtsverwaltung ein Schreiben zuzusenden mit einem „Sofort!“ Vermerk in deutlich sichtbarer roter Farbe. Er forderte die Amtsverwaltung auf, die Täter sofort auszumachen und eine Umzäunung schnellstens fertigzustellen. Daraufhin wurde der Amtsbaumeister Spaltmann zur sofortigen Unterbreitung von Vorschlägen aufgefordert. Am 11.6.1946 konnte Rektor Schaefer berichten, dass mit der Umzäunung bereits begonnen sei. Zuvor war das Denkmal instandgesetzt worden. Nachdem der Landrat und die Militärregierung sich weitere Male an die Amtsverwaltung gewandt hatten zwecks Fertigstellung der Umzäunung, konnte diese am 27.12.1946 berichten, dass die Sache erledigt sei.

Der Pachtvertrag mit dem Essener Kaufmann C.H. Schmitz war aber noch nicht geschlossen worden.

Am 3. Oktober 1947 wies Dr. Banke das Vermessungsamt an, die Fläche des Russenfriedhofs zu bestimmen, um die Pacht, die seit 1943 fällig war, zu bestimmen, um endlich den Forderungen des Verpächters nachzukommen.

In einem Schreiben vom 12.11.1947 forderte Amtsdirektor Dr. Banke den Eigentümer des Grundstücks des Russenfriedhofs auf, in der Amtsverwaltung vorzusprechen, um die Angelegenheit der Pacht endgültig zu regeln. Im April 1948 ging erneut ein Schreiben nach Essen.

Innerhalb der Amtsverwaltung einigte man sich, 20 Pfennig bis 30 Pfennig pro Rute zu zahlen. Unklar blieb die Frage, inwieweit ein Schadenersatz für den Forstbestand zu zahlen war. Diese Überlegungen erhielt der Landrat zur Einsicht. Im Februar 1949 ging ein weiteres Schreiben an Schmitz mit der Bitte, beim Überwachungs- und Ordnungsamt vorzusprechen. Das Schreiben enthielt zusätzlich einen Vorentwurf des Pachtvertrags. Im folgenden Monat antwortete Schmitz, wobei er darauf hinwies, dass ihm durch Brand auf dem Gelände ein Schaden von 8000 Mark entstanden war.

Auf Anweisung des Innenministers Nordrhein-Westfalen ging im Juni 1949 eine Verfügung an die Gemeinden ein, sich an die Grundstückseigentümer von Kriegsgräberstätten zu wenden. Forderungen sollten auf einem gesonderten Formblatt bis zum 10.7.1949 eingereicht werden. Alle Vereinbarungen, die man bis dahin getroffen hatte, wurden für ungültig erklärt.

Am 17.6.1949 wurde Schmitz aufgefordert, den Antrag in vorgegebener Weise zu stellen. Dr. Banke wies zur gleichen Zeit das Vermessungsamt an, das Grundstück zu begutachten. Die Währungsreform vom 20.6.1948 machte diese erneute Begutachtung nötig. Nach der Verfügung des Innenministers, dass für den Quadratmeter 1 Pfennig bis 2 Pfennig zu zahlen sei, hielt der Sachbearbeiter auf Grund der Bodenbeschaffenheit 1,2 Pfennig pro Quadratmeter für angemessen. Das ergab für die Pacht bei 800 Quadratmetern einen Betrag von 960 DM jährlich.
Am 18. Dezember 1964 ergeht ein Schreiben des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen-Westfalen an die Regierungspräsidenten, an die Oberstadtdirektoren und Oberkreisdirektoren, in dem hingewiesen wird auf ein Schreiben des Bundesministers des Inneren vom 26.11.1964. Dieses Schreiben geht berichtlich an den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., Landesverband Nordrhein-Westfalen.

Darin heißt es, über „Vorbildlich angelegte und gut gepflegte geschlossene Ehrenstätten mit sowjetischen Kriegstoten, die einen überzeugenden Eindruck von der Sorgfalt vermitteln, mit der sowjetische Kriegsgräber in Deutschland gepflegt werden“ zu berichten mit Fotos, „ um durch überzeugende Hinweise auf die vorbildliche Pflege sowjetischer Kriegsgräber in Deutschland vielleicht doch zu erreichen, dass dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge eines Tages auch die Pflege der deutschen Kriegsgräber in der Sowjetunion endlich ermöglicht wird.“ (E 6748).

Die Amtsverwaltung konnte die Berichte, Aufstellungen und Fotos am 24.2.1965 der Kreisverwaltung vorlegen, der Zeit bis zum 10.3. gegeben war.

Darin werden die Dorstener Anlagen genau beschrieben, wer für die Pflege zuständig ist, wie Bewuchs und Umzäunung gestaltet sind.

Nach diesen Angaben sind auf dem Kommunalfriedhof Hervest seit 1942 Gräber für 207 sowjetische Tote angelegt worden, 186 unbekannte Tote sind in 6 hintereinander liegenden Massengräbern, 21 namentlich bekannte in 21 Einzelgräbern bestattet. Sie waren Kriegsgefangene und Ostarbeiter im Kriegsgefangenenlager an der Schleuse, Zeche Fürst Leopold und Ostarbeiterlager Zeche Fürst Leopold und Marl untergebracht.

Zwei weitere Begräbnisstätten für sowjetische Kriegsgefangene und Zivilisten in Holsterhausen werden genannt:

Auf dem Kommunalfriedhof wurden zwei Ehrenfelder für 103 Kriegsgefangene und Zivilisten angelegt:

Im Ehrenfeld I sind 33 sowjetische Kriegsgefangene in einem Massengrab bestattet. Zwischen anderen ausländischen Kriegstoten liegen 3 sowjetische Soldaten, 1 Ostarbeiter und 2 Kinder sowjetischer Eltern.

Auf dem Ehrenfeld II sind 62 sowjetische Soldaten, 1 Ostarbeiter und 1 Kind sowjetischer Eltern begraben.

Die Toten beider Ehrenfelder verstarben in dem Kriegsgefangenenlager an der Schleuse, im Lager Nr. 1472, in den Ostarbeiterlagern Zeche Fürst Leopold und Hüttenstraße (Eisengießerei/Dorstener Maschinenfafrik).

Die Größte Begräbnisstätte für die sowjetischen Kriegsgefangenen, Ostarbeiter und Zivilisten ist der sogenannte „Russenfriedhof“ in der unmittelbaren Nähe des Kommunalfriedhofs Holsterhausen. Hier ruhen 476 Tote sowjetischer Herkunft. 413 namentlich nicht bekannte sowjetische Soldaten sind in 6 Massengräbern bestattet, 63 Tote in Einzelgräbern, deren Namen bekannt sind: 17 Soldaten,19 Ostarbeiter, 9 Ostarbeiterinnen und 18 Kinder sowjetischer Eltern. Sie starben in dem Lager an der Schleuse, im Lager 1472 in Holsterhausen, in den Dorstener (Bereich Altstadt) Lagern Schleuse, Stewing, Nachbarschulte, Sand- und Tonwerke; in Hervest-Dorsten in den Lagern an der Hüttenstraße, Bahnstraße, der Bahnmeisterei, ferner Stork in Lembeck, in Wulfen im Lager der Muna und bei Baumgarten.

1949 bettete man die sowjetischen Toten von den Friedhöfen der Altstadt, Lembeck, Wulfen, Altschermbeck, Rhade und Erle auf den „Russenfriedhof“ um.
(Die Ausführungen halten sich eng an die Akten E 6751, E 970, E 6748, E 6750 des Dorstener Stadtarchivs)

Erstveröffentlichung: Jahrbuch Heimatbund Herrlichkeit Lembeck und Stadt Dorsten 2024 (=Heimatkalender 83. Jahrgang), S. 155-162.

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